eCall: Automatischer Notruf im Unglücksfall

Von Kai L.

Letzte Aktualisierung am: 26. September 2024

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Wenn das Auto selbst einen Notruf absetzt

Das eCall-System ermöglicht Rettungskräften eine schnelle Handlungsweise nach einem Unfall
Das eCall-System ermöglicht Rettungskräften eine schnelle Handlungsweise nach einem Unfall

25.300 Menschen kamen der EU-Kommission zufolge im Jahr 2017 bei Unfällen im europäischen Straßenverkehr ums Leben. Im Vergleich zum Vorjahr sind dies in etwa 1,2 Prozent bzw. 300 Verkehrstote weniger.

Das Notrufsystem eCall (Kurzform von „emergency call“) soll dafür sorgen, dass diese Zahl noch weiter sinkt. Nicht ohne Grund ist es seit dem 31. März 2018 Pflicht, ein automatisches Notrufsystem in Neuwagen zu verbauen.

Kommt es zum Unfall, setzt das eCall-System von selbst einen Notruf ab. Dadurch können die Rettungskräfte auch dann schnell vor Ort sein, wenn der Fahrer aufgrund seiner Verletzungen nicht mehr in der Lage ist, die 112 zu wählen. Schließlich zählt vor allem bei schweren Zusammenstößen jede Sekunde. Im Ratgeber beleuchten wir die Funktionsweise sowie die Datenübertragung von eCall und informieren darüber, ob es möglich ist, das eCall-System nachrüsten zu lassen.

FAQ: Fragen und Antworten zu eCall

Was ist eCall?

Bei eCall handelt es sich um ein elektronisches Notrufsystem, welches innerhalb von Europa bei einem Autounfall automatisch Hilfe anfordert. Rettungskräfte sollen dadurch deutlich schneller an den Unfallort gelangen können. Die EU-Kommission schätzt, dass dadurch in Europa jährlich etwa 2500 Menschenleben retten lassen.

Wie funktioniert eCall?

Registrieren die Crash-Sensoren des Autos einen verletzungsrelevanten Unfall, wählt das eCall-System automatisch den Notruf (112). Welche Daten dabei übermittelt werden, erfahren Sie hier.

Ist das eCall-System Pflicht?

Neuwagen (Pkw und leichte Nutzfahrzeuge), die seit dem 31. März 2018 in Europa zugelassen werden, müssen serienmäßig mit einem eCall-Notrufsystem ausgestattet sein. Für ältere Fahrzeuge gibt es zudem die Möglichkeit, ein ähnliches System nachzurüsten. Hier erfahren Sie mehr dazu.

eCall: Wie funktioniert das Notrufsystem?

Das im Auto verbaute Notrufsystem eCall besteht in der Regel aus mehreren Komponenten. Dazu gehören unter anderem ein GPS-Empfänger, eine Mobilfunkantenne, ein Steuergerät inklusive SIM-Karte und eine Freisprechanlage. Auch eine Verbindung zum Airbag-Steuergerät ist vonnöten. Sobald ein Unfall geschieht, funktioniert das Ganze normalerweise wie folgt:

  • Mittels Satellitenortung und Mobilfunk kann das Notrufsystem eCall in ganz Europa eine telefonische Verbindung zwischen dem Auto und der Rettungsleitstelle herstellen, welche die geringste Entfernung zum Unfallort aufweist.
  • Weiterhin übermittelt eCall Informationen zur jeweiligen Unfallstelle, zum Kraftfahrzeugan sich und zur eigentlichen Art der Auslösung.
  • Damit kein automatischer Notruf aus dem Auto heraus stattfindet, wenn es lediglich zu einem geringen Parkschaden kam, achtet eCall vor allem auf die Intensität des jeweiligen Aufpralls. Sobald die Airbags auslösen, ist das selbstständige Wählen der 112 obligatorisch.
  • Erleidet ein Autofahrer plötzlich einen Herzinfarkt oder steht vor einem ähnlichen medizinischen Problem, kann er den SOS-Knopf des eCall-Systems auch manuell drücken. Daraufhin wird ebenfalls eine Telefonverbindung zwischen dem Fahrzeug und der nächstgelegenen Rettungsdienststelle aufgebaut.

Durch diese Funktionsweise wird nicht nur gewährleistet, dass verletzte Personen so schnell wie möglich versorgt, sondern auch, dass Unfallorte rascher abgesichert werden können. Dies verringert wiederum das Risiko, dass es zu Stau oder im schlimmsten Fall einer Massenkarambolage kommt.

Welche Daten überträgt das eCall-System?

eCall: Innerhalb der EU ist das System seit 2018 Pflicht. Bei Parkremplern löst es allerdings nicht aus.
eCall: Innerhalb der EU ist das System seit 2018 Pflicht. Bei Parkremplern löst es allerdings nicht aus.

Unabhängig davon, ob der Notruf über das eCall-System manuell durch das Betätigen des SOS-Knopfes oder automatisch durch einen schweren Crash in die Wege geleitet wurde – die zu übermittelnden Daten sind die gleichen.

Die jeweilige Rettungsdienststelle wird im Regelfall über die folgenden Punkte in Kenntnis gesetzt:

  • wann es zum Unfall kam
  • ob eCall automatisch oder manuellausgelöst wurde
  • die Fahrzeugklasse sowie die Antriebsart (z. B. Benzin, Diesel, etc.)
  • die Fahrzeugidentifizierungsnummer (FIN)
  • die aktuelle sowie die letzten zwei Positionen des Kfz
  • die Fahrtrichtung
  • wie viele Insassen sich im Fahrzeug befinden (bzw. wie viele sich angeschnallt haben)

Nicht immer sind Autofahrer mit der Übertragung dieser Daten einverstanden. Einige überlegen sogar, dieser zu entgehen, indem sie das automatische Notrufsystem deaktivieren. Da eCall jedoch mittlerweile Pflicht in allen Neuwagen und damit fest in der Bordelektronik verankert ist, gilt das System als Teil der Typzulassungsprüfung.

Werden Bestandteile der Typzulassung eines Fahrzeugs verändert oder sogar entfernt, führt dies im Normalfall unweigerlich zum Verlust der Betriebserlaubnis. Daher ist es keine gute Idee, eCall deaktivieren zu wollen. Grundsätzlich ist dies einem Hobby-Schrauber oder Laien aber auch nicht möglich.

Kritik an eCall: Datenschutz ade?

Einige Kraftfahrer haben in Bezug auf das eCall-Notrufsystem Bedenken, was den Schutz ihrer Daten angeht. Immer wieder ist die Rede davon, das System würde auch Daten sammeln bzw. auswerten, wenn es nicht zum Unfall kam, und könne so Bewegungsprofile erstellen.

Dem ist jedoch nicht so, wenn das eCall-System den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Die integrierte SIM-Karte kann sich in der Regel erst in ein Mobilfunknetz einwählen, wenn es mit dem Fahrzeug zu einem Unfall kam. Die restliche Zeit über sei eCall der Gesetzgebung zufolge ein „schlafendes System“.

Können Sie eCall im Auto nachrüsten lassen?

Es existieren Alternativen zu eCall, die bei einem Unfall ebenfalls einen automatischen Notruf absetzen.
Es existieren Alternativen zu eCall, die bei einem Unfall ebenfalls einen automatischen Notruf absetzen.

Besitzen Sie ein gebrauchtes Fahrzeug, das nicht über eCall verfügt, sind Sie weder dazu verpflichtet, das System nachträglich einbauen zu lassen, noch besteht diese Möglichkeit. Das originale eCall-Notrufsystem kann ausschließlich in Neufahrzeugen eingebaut werden. Es existieren jedoch Alternativen, um tödlichen Unfällen vorzubeugen.

Zu diesen gehört beispielsweise der sogenannte Unfallmeldedienst (UMD), den die GDV Dienstleistungs-GmbH & Co. KG, die IBM und Bosch im März 2016 gründeten. Es handelt sich dabei um die Kombination aus einem Unfallmeldestecker und einer Unfallmelde-App. Der Stecker kommt in den Zigarettenanzünder, die App verbindet sich im Anschluss über Bluetooth.

Wie auch das eCall-System erkennt der Unfallstecker anhand spezieller Beschleunigungssensoren, wann es zum Zusammenprall kam und wie schwer dieser war. Diese Information teilt er mit der App auf dem Smartphone, die einen Notruf absetzt und gleichzeitig Angaben zum Standort, zur letzten Fahrtrichtung, zum Kennzeichen und der Telefonnummer des Autofahrers übermittelt.

Um den Unfallmeldedienst als Alternative zu eCall nutzen zu können, benötigt Ihr Fahrzeug lediglich einen Zigarettenanzünder bzw. eine 12-V-Steckdose. Sie hingegen sollten über ein Smartphone mit Bluetooth sowie mobilem Internet verfügen (Android: ab Version 2.3.4 oder iPhone 5 mit iOS ab Version 8).

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Über den Autor

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Kai L.

Kai hat Kommunikations- und Medienwissenschaften studiert und Erfahrung in verschiedenen Redaktionen gesammelt. Seit 2020 unterstützt er unser Team von bussgeldrechner.com. In seinen Ratgeber befasst er sich u. a. mit Verkehrsverstößen, den gesetzlichen Grundlagen und Tipps für Fahrrad- und Autofahrer.

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