Fahrlässigkeit: Die Sorgfaltspflicht missachten

Von Nicole P.

Letzte Aktualisierung am: 16. Oktober 2024

Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten

Wann handelt eine Person fahrlässig?

Wie die Fahrlässigkeit gemäß BGB definiert wird, klärt dieser Ratgeber.
Wie die Fahrlässigkeit gemäß BGB definiert wird, klärt dieser Ratgeber.

Bei Ordnungswidrigkeiten und Straftaten berücksichtigt der Gesetzgeber üblicherweise auch die Umstände, die mit dem Tatbestand einhergehen. So stellt sich zum Beispiel die Frage, ob der Verstoß gegen bestehende Gesetze absichtlich oder versehentlich erfolgte. Auch eine Missachtung der allgemeinen Sorgfaltspflichten kann dabei im Zusammenhang der Fahrlässigkeit relevant sein.

Doch wann ist laut Definition von „Fahrlässigkeit“ die Rede? Was unterscheidet eine einfache und grobe Fahrlässigkeit? Lassen sich noch weitere Arten unterscheiden? Bei welchen Tatbeständen spielt die Fahrlässigkeit im Verkehrsrecht eine Rolle? Und was versteht man unter Vorsatz und Fahrlässigkeit bzw. worin liegen die Unterschiede? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.

FAQ: Fragen und Antworten zur Fahrlässigkeit

Wann liegt Fahrlässigkeit vor?

Unter Fahrlässigkeit ist laut Definition eine Verletzung der notwendigen Sorgfaltspflicht zu verstehen. Eine umfassendere Erklärung des Begriffs finden Sie hier.

Welche Arten von Fahrlässigkeit gibt es?

Je nach Rechtsgebiet unterscheiden Juristen verschiedene Formen der Fahrlässigkeit. So gibt es im Zivilrecht die einfache und grobe Fahrlässigkeit, wobei erstere im Arbeitsrecht noch einmal in eine leichte und mittlere Fahrlässigkeit unterteilt werden. Im Strafrecht kann hingegen eine unbewusste oder bewusste Fahrlässigkeit vorliegen, was zum Beispiel beim Verkehrsunfall und einer damit einhergehenden Körperverletzung von Bedeutung ist.

Ist fahrlässiges Handeln strafbar?

Die Fahrlässigkeit spielt im Strafrecht nur dann eine Rolle, wenn das Gesetz ausdrücklich erwähnt. So kann zum Beispiel die Straftat fahrlässige Körperverletzung bei einem Verkehrsunfall vorliegen. 

Wann ist von Fahrlässigkeit die Rede?

Fahrlässiges Handeln zeichnet sich durch eine mangelnde Sorgfalt aus.
Fahrlässiges Handeln zeichnet sich durch eine mangelnde Sorgfalt aus.

Bei „Fahrlässigkeit“ handelt es sich um einen juristischen Begriff, welcher sich mit der Schuld des Täters befasst. Es spielt bei der Einschätzung also eine Rolle, inwieweit dessen Einstellung zur Entstehung des Tatbestandes beigetragen hat. Im Zentrum stehen dabei die in einer Situation objektiv notwendige Verpflichtung zu Sorgfalt und Vorsicht. Die gesetzliche Grundlage für eine solche Einschätzung ergibt sich aus § 276 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Darin heißt es:

Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

In der Praxis bedeutet dies, dass Richter und Staatsanwaltschaft prüfen müssen, ob die Verwirklichung eines Tatbestandes und somit die Folgen des sorglosen Verhaltens tatsächlich absehbar und vermeidbar waren. Überträgt man diese Bewertung in den allgemeinen Sprachgebrauch, stellt sich dabei die Frage, ob ein Schaden auf eine verantwortungslose oder unvorsichtige Handlung zurückzuführen ist.

Allerdings ist diese Einschätzung nicht immer einfach und das Fehlverhalten muss mitunter unterschiedlich gewichtet werden. Daher differenziert der Gesetzgeber bei der Fahrlässigkeit mehrere Stufen, die je nach Rechtsgebiet unterschiedliche Bezeichnungen tragen und denen verschiedenen Definitionen zugrunde liegen. Nachfolgend finden Sie dazu eine kleine Übersicht:

  • Strafrecht
    • bewusster Fahrlässigkeit
    • unbewusster Fahrlässigkeit
  • Zivilrecht
    • einfache Fahrlässigkeit
    • grobe Fahrlässigkeit

Worin unterscheiden sich Fahrlässigkeit und Vorsatz?

Die Begriffe „Vorsatz“ und „Fahrlässigkeit“ geben Auskunft über die Einstellung des Täters. So liegt ein vorsätzliches Handeln vor, wenn dieser wissentlich einen Gesetzesverstoß begeht oder zumindest die Konsequenzen seines Verhaltens wie etwa einen Autounfall in Kauf nimmt. Im Gegensatz dazu ist fahrlässiges Handeln auf eine fehlende Sorgfalt zurückzuführen.

Fahrlässiges Handeln im Strafrecht

Das Strafmaß für eine fahrlässige Tötung sieht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor.
Das Strafmaß für eine fahrlässige Tötung sieht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor.

Das Strafrecht befasst sich mit der Sanktionierung von Straftaten. Damit dies aber auch möglich ist, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. So muss der Täter zum Beispiel dazu in der Lage sein, eine mögliche Gefahrensituation zu erkennen. Ist dies aufgrund einer geistigen Beeinträchtigung nicht der Fall, ist eine Bestrafung in der Regel ausgeschlossen. Zudem ist es nicht immer möglich, ein fahrlässiges Handeln zu sanktionieren. Denn in § 15 Strafgesetzbuch (StGB) heißt es:

Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.

Der Gesetzgeber muss Verstöße aufgrund von Fahrlässigkeit also explizit unter Strafe stellen. Im StGB trifft dies insbesondere auf folgende Tatbestände zu:

  • fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB)
  • fahrlässige Tötung (§ 222 StGB)
  • fahrlässiger Falscheid (§ 161 StGB)
  • fahrlässige Brandstiftung (§ 306d StGB)

Darüber hinaus sieht das StGB ebenfalls die Möglichkeit vor, dass gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) oder eine Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) auf Fahrlässigkeit zurückzuführen sind. Ebenso besteht die Möglichkeit, Fahrzeugführer für eine fahrlässige Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) zu verurteilen. Im Gegensatz dazu steht aber zum Beispiel eine fahrlässige Sachbeschädigung in Deutschland nicht unter Strafe.

Wusste der Täter nicht, dass sein Handeln verboten ist, kann eine unbewusste Fahrlässigkeit vorliegen. Dabei gilt allerdings der Grundsatz: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Handelt der Täter hingegen bewusst fahrlässig, ist diesem die Gefahr und die Erfüllung eines Tatbestandes bekannt, allerdings hofft er auf einen positiven Ausgang. Die Einschätzung, ob zum Beispiel eine fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr bewusst oder unbewusst erfolgte, ist dabei eigentlich nur für die Strafzumessung relevant.

Zivilrecht: Wann liegt laut Definition eine grobe bzw. einfache Fahrlässigkeit vor?

Beim Zivilrecht geht es um die rechtlichen Verhältnisse, die private Personen eingehen. Es umfasst unter anderem Arbeitsrecht, Erbrecht und Familienrecht. Für Autofahrer kann das Thema „Fahrlässigkeit“ dabei vor allem im Versicherungsrecht von großer Relevanz sein, denn unter Umständen kann der Versicherer sie in Regress nehmen.

Dabei kommt es vor allem auf die Unterscheidung von grob und einfach fahrlässigem Handeln an. Bei der einfachen Fahrlässigkeit kommen die verantwortlichen Personen ihrer Sorgfaltspflicht nicht nach, allerdings handelt es sich hierbei um Verfehlungen, die durchaus in einem kurzen Moment der Unachtsamkeit passieren können.

Wann hat eine Person laut Definition „grob fahrlässig“ gehandelt?
Wann hat eine Person laut Definition „grob fahrlässig“ gehandelt?

Eine grobe Fahrlässigkeit liegt laut Definition hingegen vor, wenn der Sorgfalt in einem außerordentlich hohen Ausmaß nicht nachgekommen wird. Es handelt sich dabei um Fehlverhalten, die nach objektiver Einschätzung nicht geschehen dürfen.

Liegt bei einem Verkehrsunfall eine grobe Fahrlässigkeit vor, können Kfz-Versicherungen ihre Leistungen kürzen oder sogar verweigern. Bei der Kfz-Haftpflichtversicherung bedeutet dies, dass der Versicherer bis zu 5.000 Euro der Schadenskosten vom Verursacher des Unfalls zurückfordern kann. Doch was zählt als grobe Fahrlässigkeit? Einige Beispiele haben wir nachfolgend zusammengetragen:

  • Telefonieren am Steuer
  • Ablenkung während der Fahrt
  • Führen eines Fahrzeugs unter dem Einfluss von Alkohol, Drogen oder Medikamenten
  • Überfahren eines Stoppschilds / einer roten Ampel

Fahrlässigkeit im Bußgeldkatalog

Der Aspekt der Fahrlässigkeit spielt allerdings nicht nur bei Straftaten eine wichtige Rolle, sondern findet auch bei Ordnungswidrigkeiten Beachtung. So unterscheidet der Gesetzgeber in der Anlage der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) zwischen fahrlässig und vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeiten. Für den Großteil der Tatbestände, die einen Bußgeldbescheid nach sich ziehen, wie etwa Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstöße oder Abstandsunterschreitungen reicht bereits das fahrlässige Handeln für eine Ahndung aus. Ein vorsätzliches Handeln liegt unter anderem in folgenden Fällen vor:

  • Überquerung eines Bahnübergangs mit einem Kfz trotz geschlossener Schranken
  • unerlaubte Verwendung eines elektronischen Gerätes am Steuer
  • Verstoß gegen das Vermummungsverbot am Steuer
  • Mitführen eines Radarwarners
  • Verweigerung der Aushändigung des Führerscheins bei einer Verkehrskontrolle
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Über den Autor

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Nicole P.

Nicole hat an der Uni Mainz Buchwissen und Kulturanthropologie studiert. Sie ist seit 2016 Teil des Redaktionsteams von bussgeldrechner.com und bereitet dafür komplexe verkehrsrechtliche Fragestellungen leicht verständlich auf.

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