Letzte Aktualisierung am: 9. Oktober 2024
Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Wann lässt sich eine Haftstrafe vermeiden?
Wer in Deutschland eine Straftat begeht – ob im Straßenverkehr oder in anderen Bereichen des alltäglichen Lebens –, muss dafür mit einer Verurteilung und weitreichenden Konsequenzen rechnen. Das Strafgesetzbuch (StGB) sieht abhängig von der Schwere der Tat als Sanktion entweder eine Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe vor.
Doch wann droht laut Gesetzgeber konkret eine Geldstrafe? Wie wird sichergestellt, dass die Höhe der Geldsanktion in Relation zu den Einkommensverhältnissen angemessen ist? Gibt es Möglichkeiten, eine Geldstrafe zu umgehen? Und welche Folgen hat es, wenn bei einer Geldstrafe die vereinbarte Ratenzahlung nicht eingehalten wird? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der nachfolgende Ratgeber.
Inhalt
FAQ: Fragen und Antworten zur Geldstrafe
Per Urteil oder Strafbefehl kann eine Geldstrafe von einem Gericht für eine Straftat verhängt werden. Diese Möglichkeit besteht allerdings ausschließlich bei einem Vergehen, also Taten für die das StGB neben einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe von weniger als einem Jahr vorsieht. Hierbei kann es sich zum Beispiel um eine unterlassene Hilfeleistung handeln.
Um sicherzustellen, dass bei der Bemessung auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters berücksichtigt werden, kommt das sogenannte Tagessatzprinzip zum Einsatz. Dabei wird die Höhe der Geldstrafe durch die Tagessätze und die Tagessatzhöhe bestimmt. Ein konkretes Beispiel finden Sie hier.
Ein Eintrag ins Führungsregister erfolgt bei Geldstrafen erst bei mehr als 90 Tagessätzen. Überschreitet der Richter in seinem Urteil diese Grenze nicht, gilt der verurteile Täter trotz der nachgewiesenen Straftat nicht als vorbestraft.
Wie bemisst sich eine Geldstrafe?
Das deutsche Rechtssystem unterscheidet bei Straftaten zwischen Vergehen und Verbrechen. Eine Differenzierung die sich vor allem auf das Strafmaß auswirkt. So hat der Richter bei einem Vergehen grundsätzlich die Möglichkeit, eine Geldstrafe statt einer Freiheitsstrafe zu verhängen. Im Gegensatz dazu sieht der Gesetzgeber bei einem Verbrechen immer eine Haftstrafe vor.
Ob eine Geld- oder Freiheitsstrafe droht, liegt somit bei einem Vergehen im Ermessen des Richters, wobei die Geldsanktion im Gegensatz zu einem möglichen Freiheitsentzug in der Regel als weniger schwerwiegend gilt. Dies liegt unter anderem auch daran, dass bei der Bemessung die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters eine Rolle spielen. Dafür findet das sogenannte Tagessatzprinzip Anwendung. In § 40 StGB heißt es dazu:
(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.
(2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.
Wie dieser Auszug zur Geldstrafe aus dem StGB zeigt, erfolgt die Bemessung mithilfe von Tagessätzen. Die Anzahl gibt dabei Auskunft über die Schuld des Täters, wohingegen sich die Höhe des Tagessatzes an dessen Nettoeinkommen orientiert. Laut Gesetz muss ein Tagessatz mindestens 1 Euro betragen, allerdings sind in der Praxis Beträge unter 10 Euro relativ selten. Wie die Berechnung konkret funktioniert, veranschaulicht das nachfolgende Beispiel:
Herr Mustermann hat ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro und wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen verurteilt. Für die Höhe des Tagessatzes wird das Nettoeinkommen durch 30 Tage geteilt, sodass dieser in unserem Beispiel 50 Euro beträgt. Anschließend ist die Tagessatzhöhe mit der Tagessatzanzahl zu multiplizieren. Die Geldstrafe beläuft sich somit auf insgesamt 1.000 Euro.
Geldstrafe nicht bezahlt: Droht ein Haftbefehl?
Auch wenn die Geldstrafe als milder gilt und sich an den Einkommensverhältnissen orientiert, dient sie dennoch dazu, ein gravierendes Fehlverhalten zu ahnden. Daher fällt es vielen Tätern nicht leicht, diese Summen mal nebenbei zu bezahlen. Daher besteht gemäß § 42 StGB grundsätzlich die Möglichkeit, bei einer Geldstrafe die Tagessätze mithilfe einer Ratenzahlung zu begleichen.
Wurde Ihnen gestattet, die Geldstrafe in Raten zu zahlen, sollten Sie diese unbedingt pünktlich und in voller Höhe bezahlen. Denn eine schlechte Zahlungsmoral kann dazu führen, dass die gewährte Zahlungserleichterung aufgehoben wird und die Geldstrafe statt per Ratenzahlung als Ganzes zu begleichen ist.
Ist kein Geld verfügbar, kann auch ein Haftbefehl wegen der Geldstrafe drohen. Denn § 43 StGB sieht eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe vor. Eine uneinbringliche Geldstrafe wird dann in eine Freiheitsstrafe umgewandelt, wobei ein Tag hinter Gittern einem Tagessatz entspricht.
Alternativ zur Ratenzahlung oder einer Ersatzfreiheitsstrafe lässt sich unter Umständen eine Geldstrafe in Sozialstunden umwandeln. Diese müssen dann in einer von der Staatsanwaltschaft bestimmten gemeinnützigen Einrichtung erbracht werden. Klären Sie am besten frühzeitig mit Ihrem Anwalt, ob in Ihrem individuellen Fall die Möglichkeit besteht, Sozialstunden statt einer Geldstrafe zu absolvieren.
Bildnachweise: istockphoto.com/JanPietruszka, fotolia.com/© Grecaud Paul, fotolia.com/© Felix Pergande
Hallo Frau „P“!
Ihre Ausführungen über Sozialstunden, Geldstrafen, Berechnung von Tagessätzen etc. habe ich gerade interessiert gelesen. Zwar hatte ich gehofft, dass sich in den letzten 3 bis 5 Jahren etwas geändert hat, aber dem ist wohl nicht so. Ich habe ein kleines Anliegen: Mein Freund verbüsst derzeit eine Ersatzfreiheitstrafe, und würde voraussichtlich Ende September entlassen. (Er wurde zu einer Geldstrafe von 1000.-€ plus 140.-€ Gerichtskosten verurteilt – wegen „Erschleichen von Leistungen“, also „Schwarzfahren“) Dass er diese Sache noch offen hatte, ist wohl bei ihm in Vergesenheit geraten. Deswegen wurde er im Rahmen einer allg. Personenkontrolle (Nachts um 02.00h!) verhaftet. Einen Stellungsbefehl bekam er vorher definitiv nicht zugestellt. Nun tut sich ein neues Problem auf. Er hat noch eine andere Geldstrafe, die er in sog. „freie Arbeit“ (Sozialstunden) umgewandelt hat. Es geht hierei um 500 Stunden, von denen er bereits 108 abgeleistet hat. In der JVA soll nun eine Konferenz einberufen werden, ob er die restlichen 392 Stunden (ca. 65 Tage, wenn ich richtig gerechnet habe) ebenfalls „absitzen“ muss.
Würde es Sinn machen, wenn ich zu der Stelle hingehe, wo er die Sozialstunden ableistet, und um ein Schreiben bitte, worin steht, dass er die Sozialstunden nach der Entlassung im September, dort weiter abarbeiten kann?
Ich würde dann solch ein Schreiben an die zust. Staatsanwaltschaft schicken und eine Kopie dessen meinem Freund in die JVA schicken, damit er dies bei der Konferenz vorlegen kann. Ich meine, theoretisch wäre das doch eine sinnvolle Sache. Denn, wenn man überlegt, wie teuer ein Hafttag inkl. täglicher, medizinischer Versorgung (er wird dort weiter substituiert) für den Steuerzahler ist – steht das in keiner Relation zu der verhängten Geldstrafe. (Beispiel: ein Hafttag, wie gerade beschrieben, kostet ca. 150.-€ +/-… die Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Tagen wurde zurückgestellt, so dass er 500 Stunden freie Arbeit leisten sollte. Abzüglich der geleisteten 108 Stunden, verbleiben 392 Stunden. Eine Rückwandlung in eine Ersatzfreiheitsstrafe dieser 392 Stunden würden bedeuten, dass er 78 Tage länger in der JVA bleiben müsste. Somit zahlt der Steuerzahler für seinen Haftaufenthalt 11.700,00 € [78 Tage x 150,-€] Kann ich dieses Beispiel heranziehen, oder wirkt das anmassend?
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir auf mein „kleines Anliegen“ antworten würden. Für Ihre Zeit und Mühe möchte ich mich bereits jetzt bedanken und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Angie