Letzte Aktualisierung am: 11. August 2024
Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten
Wann ist Drängeln im Straßenverkehr Nötigung?
Meistens passiert es auf der Autobahn oder anderen Kraftstraßen, auf denen Autofahrer etwas schneller fahren dürfen: Dem Hintermann geht es nicht schnell genug und das signalisiert er auch, in dem er sehr dicht auffährt und sogar die Lichthupe betätigt.
Zwar gilt in Deutschland streckenweise Richtgeschwindigkeit, das berechtigt Raser jedoch nicht dazu, sich durch Drängeln auf der Autobahn freie Bahn zu verschaffen. Dichtes Auffahren ist in der Regel dann Nötigung, wenn der Hintermann für einen längeren Zeitraum so dicht auffährt, dass sein Kennzeichen im Rückspiegel nicht mehr zu sehen ist. Besonders aufdringlich werden Drängler, wenn sie mit Lichthupe und Linksblinken aufwarten.
So ein Verhalten ist nicht nur ärgerlich, sondern auch gefährlich. Falsch auf Drängler zu reagieren, ist jedoch nicht weniger riskant. Wie Sie mit Dränglern im Straßenverkehr umgehen und ob sich eine Anzeige lohnt, haben wir für Sie in Erfahrung gebracht.
Inhalt
FAQ: Fragen und Antworten zum Drängeln auf der Autobahn
Nein. Laut § 16 Abs. 1 Nr. 2 StVO ist es erlaubt, wenn der Hintermann durch sparsame Lichthupsignale seine Überholabsicht andeutet – natürlich bei Einhaltung des Sicherheitsabstands. Und das zu dichte Auffahren stellt gewöhnlich nur eine Ordnungswidrigkeit dar.
Ein Autofahrer, die mit 130 km/h bis auf einen Meter dicht auffährt und dabei Lichthupe gibt, nötigt seinen Vordermann. Auch in anderen Fällen kann eine strafbare Nötigung vorliegen.
Zunächst einmal gilt es, Ruhe zu bewahren, und den Drängler nicht zu provozieren. Geben Sie nach und benutzen Sie den rechten Fahrstreifen. Sofern Sie Anzeige erstatten wollen, sollten Sie das Fahrzeug (Farbe, Typ, Kennzeichen) und möglichst auch den Drängler beschreiben sowie Tatort, -zeit und Zeugen (Mitfahrer) benennen können.
Drängeln auf der Autobahn: Diese Strafe droht
Es ist wichtig, zu unterscheiden, ob jemand „nur“ dicht auffährt oder durch nötigendes Verhalten zum Drängler wird. Zu dichtes Auffahren wird in der Regel als Abstandsverstoß nach § 4 der Straßenverkehrsordnung (StVO) und damit als Ordnungswidrigkeit eingestuft. Diese kann mit einem Bußgeld, Punkten in Flensburg und im schlimmsten Fall sogar mit einem Fahrverbot geahndet werden.
Das Bußgeld für eine Abstandsunterschreitung hängt von der gefahrenen Geschwindigkeit ab. Die Bemessungsgrundlage des Bußgeldkataloges ist die Faustregel „Abstand gleich halber Tacho“. Drängler, die auf der Autobahn mit mehr als 130 km/h unterwegs sind, und den Sicherheitsabstand „nicht nur ganz vorübergehend“ unterschreiten, müssen mit einem Bußgeld von bis zu 400 Euro, zwei Punkten in Flensburg und drei Monaten Fahrverbot rechnen.
Nötigung ist ein Straftatbestand nach § 240 Strafgesetzbuch (StGB). Auf das Drängeln steht deshalb Strafe, wenn der Fahrer sich nötigend verhält. Der Drängler halst sich damit nicht nur Punkte, sondern in schwerwiegenden Fällen eine Geld- oder Freiheitsstrafe auf.
Im Übrigen kann auch absichtliches und grundloses Langsamfahren als Nötigung eingestuft werden, was allerdings auch kein Freifahrtschein für Drängler sein sollte.
Richtig mit einem Drängler umgehen
Jeden Tag werden auf der Autobahn kleine Streitigkeiten ausgefochten. Der eine ärgert sich über Schleicher, der andere über Raser und Drängler. Wichtig ist, sich nicht provozieren zu lassen und richtig zu reagieren, sonst kann aus einem Ärgernis ganz schnell eine Gefahr für die eigene Person und andere Verkehrsteilnehmer werden.
„Jetzt erst recht!“, denkt sich manch einer und versucht, den Drängler auszubremsen. Erlaubt ist das nicht. Im Gegenteil, auch das kann im schlimmsten Fall als Nötigung gelten und entsprechend als Straftatbestand geahndet werden. Wann tatsächlich Nötigung nach § 240 StGB vorliegt, ist im Einzelfall von einem Gericht zu beurteilen. Drängler auszubremsen kann jedoch auch als Abstandsverstoß nach § 4 StVO eingestuft und entsprechend mit Bußgeldern und Punkten geahndet werden.
Wenn es zu einem Auffahrunfall kommt, weil Sie den Drängler ausbremsen wollten, hat das außerdem Konsequenzen für die Versicherung. Nach einem Urteil vom Landgericht Hildesheim (Az. 1 S 99/9) kann Ihnen dann bei der Schadensregulierung eine Teilschuld angelastet werden.
Deshalb ist es ratsam, den Ärger über einen Drängler zunächst hinunterzuschlucken und der Sicherheit zuliebe nachzugeben. Allerdings sollten Sie auch hier mit Bedacht vorgehen. Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen und zu panischen Spurwechseln verleiten. Später können Sie gegen den Drängler Anzeige erstatten.
Wie spürt die Polizei Drängler auf?
Zahlreich sind Blitzer auf Deutschlands Straßen im Einsatz, um Temposündern Geschwindigkeitsverstöße nachweisen zu können. Doch wie kann die Polizei auf der Autobahn Drängler aufspüren?
Tatsächlich gibt es dafür verschiedene Methoden. Meist handelt es sich um eine Abstandsmessung, bei der mithilfe von Videokameras der Verkehr über einen markierten Streckenabschnitt hinweg beobachtet wird. Später werden die Aufnahmen ausgewertet und die Geschwindigkeit sowie die Abstände zwischen den Fahrzeugen ermittelt. So erkennt die Polizei auch Drängler oder gegebenenfalls nötigendes Verhalten.
Eine weitere Möglichkeit ist das Nachfahren. Auch hier ist in der Regel ein Videomesssystem im Polizeifahrzeug verbaut (z. B. ProViDa). So können Messbeamte einen Drängler sofort aus dem Verkehr ziehen.
Einer Abstandsunterschreitung machen sich Drängler dann schuldig, wenn der Sicherheitsabstand nicht nur ganz vorübergehend, sondern über einen längeren Streckenabschnitt hinweg missachtet wird.
Wie kann ich Drängler anzeigen?
Sie dürfen Ihrem Ärger durchaus Luft machen, aber nicht im Straßenverkehr, sondern idealerweise später auf der Polizeistelle. Ein Drängler sollte keinesfalls ungeschoren davonkommen, weshalb die Möglichkeit besteht, Anzeige gegen ihn zu erstatten. Das ist auf folgenden Wegen möglich:
- Telefonisch oder persönlich bei der nächsten Polizeistelle
- Online durch die Internetwache des jeweiligen Bundeslandes
Dabei hilft es natürlich, wenn Sie sich an das Auto und wichtige Merkmale erinnern können. Um den Drängler zu identifizieren, kann es helfen, sich Folgendes zu merken:
- Kennzeichen des Dränglers
- Modell, Marke und Farbe des Autos
- Datum und Uhrzeit des Vorfalls (ggf. Streckenabschnitt)
- Falls möglich: Beschreibung des Dränglers
Einen Zeugen müssen Sie dafür nicht unbedingt benennen. In der Regel geht die Justiz davon aus, dass derjenige, der Anzeige erstattet, glaubwürdig ist, da er kein finanzielles oder persönliches Interesse an dem Verfahren gegen den Drängler hat.
Anzeige wegen Drängeln: Ein Rechtsbeistand ist ratsam
Werden Sie selbst beschuldigt, ein Drängler zu sein, sollten Sie einen Anwalt für Verkehrsrecht konsultieren. Wie bereits erklärt, gibt es feine Unterschiede zwischen reinen Abstandsverstößen und Nötigung durch Drängeln. Weil das im Einzelfall Auslegungssache ist, kann sich ein versierter Rechtsbeistand durchaus lohnen.